„Stillstand ist Scheitern, oder?“

Ein Gespräch mit Monika Linden und Martin Keß, den Gründern von VAN DYCK.

Martin Keß und Monika Linden vor der Van Dyck Espressobar Ehrenfeld

Euer Kaffee ist Bio und fair gehandelt, die Kundschaft wächst und wächst, das Design ist preisgekrönt. Kann man VAN DYCK überhaupt noch besser machen?
Monika: Nein, kann man nicht! Oder klingt das jetzt arrogant? Für mich ist er jedenfalls der beste Kaffee, den es gibt.
Martin: Als wir 2010 angefangen haben, haben wir gesagt: Wir wollen den Kaffee machen, den wir selbst am liebsten trinken. Das ist immer noch so.
Monika: Das Thema Kaffee ist ja momentan total im Fokus. Röstereien schießen wie Pilze aus dem Boden. Viele Kunden kommen heute mit großem Vorwissen zu uns. Das war anfangs anders. Die Auseinandersetzung mit Kaffee ist mit der Zeit viel intensiver geworden. Man muss selbst noch mehr wissen und auch dem Personal mehr Wissen weitergeben.
Martin: Stillstand ist Scheitern, oder? Wir entwickeln uns ständig weiter und die Geschmäcker der Kunden auch. Wir versuchen immer, aus dem Rohkaffee das Beste herauszuholen. Unsere Rösterin Albina und unser Röster Rolf bilden sich ständig weiter und entwickeln unsere Röstprofile. Denn vom Geschmack der Röster*innen hängt der Geschmack des Kaffees ab.
Monika: Mittlerweile kaufen wir den meisten Rohkaffee direkt von den Plantagen, das ist eine große Veränderung, so haben wir viel mehr Einfluß auf die Qualität und zahlen den Farmer*innen Qualitätsboni, wenn der Kaffee die versprochene Qualität dann auch wirklich hat. Und die Farmer*innen können vom Kaffeeanbau leben! Das sollte jeder Kaffeetrinkerin, jedem Kaffeetrinker bewußt sein, dass die meisten Farmer/innen das nicht können! Das kann doch nicht sein! Das müssen wir verändern und das verändern die ganzen kleinen Röster*innen, das ist mal eine unbedingt unterstützenswerte Veränderung!

Ihr feiert in diesem Jahr 12 Jahre VAN DYCK. Worauf seid Ihr stolz, was würdet Ihr heute anders machen?
Monika: Ich bin stolz, wenn ich irgendwo bin, wo unser Kaffee im Regal seht. Das ist ein schönes Gefühl. Und ich bin stolz, dass es mir noch Spaß macht, dass ich gerne hier bin. Dass wir – wie ich finde – gemütlich, stetig und ohne Druck aus uns selbst heraus wachsen, und dass wir von Anfang an gesagt haben, bei uns gibt’s nur Bio und Fair Trade.
Martin: Ich bin stolz auf unser Team. Dass wir so viele festangestellte Mitarbeiter haben. Die mit uns wachsen, sich mit uns identifizieren, die das teilen, was wir hier machen. So dass wir ein richtiges Unternehmen sind und Arbeitsplätze schaffen. Was ich anders machen würde: Ich würde darauf achten, dass wir nicht auf drei verschiedene Packungen drei verschiedene Geburts- und Sterbedaten von Anthonis van Dyck drucken. (lacht) Da haben wir wirklich versagt.

Was ist aktuell Euer schönster Erfolg?
Martin: Das Thema Nachhaltigkeit hat Einzug gehalten in den Büros! Auch wenn uns das Wort zum Halse heraushängt: Mitarbeiter wollen besseren Kaffee und Nachhaltigkeit leben. Und da kommen wir ins Spiel. Wir schulen dann auch die Mitarbeiter an den Maschinen und so kann man in vielen Büros mittlerweile auch sehr guten Kaffee trinken. Unser Slogan war jahrelang: der meiste Kaffee wird in Büros getrunken – leider auch der Schlechteste.
Monika: Dass wir Jenny Schwabe seit 2015 mit im Boot haben. Sie ist nun die Dritte im Bunde und sie bringt ganz neue Power mit. Martin und ich gehen auf die 60 zu, sie ist um die 30, das bringt Veränderung. Sie ist unheimlich engagiert und wir freuen uns, wenn sie im nächsten Interview in erster Linie zu Wort kommt.

Was macht denn einen VAN DYCK Kaffee aus?
Monika: Die Genauigkeit, in allen Schritten. Die Auswahl der Rohkaffees, die Röstung, dann die Zubereitung, es geht hier immer um die Sorgfalt und Präzision.
Martin: Und um die Verläßlichkeit im Geschmack und in der Qualität. Unser „Adorno“ ist nicht nur ein Klassiker, weil wir den von Anfang im Programm haben, sondern auch, weil der ein klassischer Espresso ist und bleibt. Egal, welche robustafeindliche Mode gerade wieder in Berlin ausgerufen wird …

Monika, du hast über 25 Jahre das Café Sehnsucht betrieben, was bedeutet das VAN DYCK für dich als Gastronomin?
Monika: Ich bin immer sehr entzückt, wenn ein Gast sagt, ’Ich wollte eigentlich keinen zweiten Kaffee mehr, aber der schmeckt so gut, ich bestelle noch einen’. Das ist doch, was sich jede Gastronomin wünscht: bessere Kaffeeumsätze. Wie kann der Kaffeeumsatz hochgehen, auch wenn nicht mehr Gäste kommen? Wenn der einzelne einen Kaffee mehr trinkt! Der Kaffeeumsatz steigt, wenn man ein gutes Produkt anbietet. Es gibt Gastronomen, die sagen ‚Kaffee geht bei uns nicht so gut, wir brauchen keinen hochwertigen’. Die Leute verschenken mit dieser Einstellung jede Menge Potenzial, weil die Kunden sagen, ‚Der Kaffee schmeckt da sowieso nicht’.

Ihr seid ein junges Unternehmen, das schnell gewachsen ist. Kann man da noch nah am Kunden sein?
Martin: Ja klar, wollen wir, müssen wir. Und wir haben ein super Publikum. Sowohl unsere Privatkunden – im Laden und im Onlineshop – als auch die Gastronomen. Alles treue und freundliche Beziehungen.
Monika: Wir sind eine arschlochfreie Zone, das hat mir mal ein Mitarbeiter gesagt. Das ist ein schönes Kompliment. Wir machen immer wieder kleine Fehlerchen, die sehen wir und ändern wir dann. Wir werden oft gelobt für unseren guten und blitzschnellen Kundenservice. Wir nehmen jede Reklamation ernst und das freut die Kunden.

Martin Keß
Monika Linden
Martin Keß
Monika Linden

Martin, du kommst aus der Medienbranche, warst Fernsehproduzent. Was hat der Umstieg für dich bedeutet?
Martin: Wenn man neue, fachfremde Dinge angeht, ist man immer ein klein wenig größenwahnsinnig. Sonst würde man sich das gar nicht trauen. Man trinkt gerne Kaffee, also denkt man, klar, man versteht was davon, also kann man das auch selber machen! Dann merkt man schnell, dass da viel mehr zugehört und dass man erst mal viel lernen muss. Und dann wird man ganz klein und demütig und im besten Fall kommt etwas Gutes dabei heraus. Ich hätte das aber nicht gemacht ohne das Know-how und die Erfahrung von Moni, denn so viel Größenwahn gibt es ja gar nicht. Der Teil der Gastronomie und die Prozesse, die so ein Laden mit sich bringt, die kannte ich nicht und das hätte ich ohne Moni nicht hingekriegt.
Monika: Und ich hätte das wiederum nicht gemacht ohne Martin. Weil im VAN DYCK ganz viele Bereiche wichtig waren, von denen ich keine Ahnung hatte. Wie baue ich so eine Marke auf, das Design, die Namen der Kaffeesorten, die Verpackung. Da muss man sehr penibel dran arbeiten. Das kann ich dann wieder auf anderen Gebieten.

Euer Design ist nicht nur auffällig, sondern auch preisgekrönt. Welche Bedeutung hat Eure „Tüte“ für Euch?
Martin: In den ganzen Jahren hat sich unsere Tüte nicht geändert. Die ist seit dem ersten Tag optisch dieselbe. Das war so ein kleiner Bauerntrick: Wir waren vom Umsatz her dritte Kreisklasse und haben trotzdem das Champions-League-Trikot angezogen. Das war wichtig, um in Köln bekannt zu werden. Die Leute haben den kleinen Laden in der Körnerstraße gesehen und haben gefragt, ‚Wo ist die Zentrale?’ Die haben gedacht, VAN DYCK sitzt irgendwo in den Niederlanden oder Belgien.
Monika: Das war damals etwas ganz Besonders. Wir waren sofort ‚Die mit der grünen Tüte’. Die Leute haben sich die Tüte ins Regal gestellt und nicht im Schrank versteckt, weil sie so schön aussieht.

Martin: Aber auch, wenn man viel Wert auf die Verpackung legt, muss der Inhalt das dann erfüllen. Du kannst den geilsten Kinotrailer machen, wenn der Film das nicht hält, sagen hinterher alle, ‚Der Film war doof’. Du kannst die tollste Tüte machen und wenn der Kaffee nicht schmeckt, geht das auch nicht auf. Der Kunde ist ja nicht blöd, der kauft nur solange den Kaffee, wie der gut ist.

Nach dem Van Dyck auf der Körnerstraße in Ehrenfeld habt Ihr die Produktion nach Mülheim in die Schanzenstraße verlegt und eine neue Espressobar in der Südstadt eröffnet. Was bedeutet diese Expansion für Euch?
Monika: In der Körnerstraße wurde alles zu klein, jetzt haben wir wieder Platz und einen Puffer. Wir wollten nicht auf Biegen und Brechen etwas Neues machen, aber wir waren mit dem Rösten am Anschlag und brauchten dringend eine Lösung.
Martin: Und in der Severinstraße in der Südstadt hatten wir die Chance, das Konzept Espressobar nach zehn Jahren noch einmal ganz neu und modern umzusetzen. Es hat sich gelohnt.

Wo seht Ihr Van Dyck in den nächsten 10 Jahren?
Monika: Ich glaube, wir sind in 10 Jahren immer noch da…
Martin: … vielleicht haben wir eine Espressobar mehr, oder? Das Van Dyck wird in zehn Jahren nicht sehr anders sein, auch wenn wir vielleicht die doppelte Menge Kaffee verkaufen. Das wird immer noch unser Laden sein.

Zum Schluss die Gretchenfrage: Welche ist Eure Lieblingsröstung?
Monika: unsere neue Röstung, der Dark Roast. Es hat sich soviel geändert! Unser Anteil an Hafermilch hat die Vollmilch überholt! Das wäre vor ein paar Jahren undenkbar gewesen. Und der Dark Roast Cappuccino mit Hafermilch….tatsächlich köstlich.
Martin: Ehrenfelder Espresso, ganz klar. Ich bin da puristisch.

Das Gespräch führte Birgit Marx.