Der Handel mit Rohkaffee findet zum Großteil über Spekulationen an den Kaffeebörsen statt und ist oftmals undurchsichtig. Während große Unternehmen die Preise diktieren und große Gewinne einfahren, verdienen die Produzent:innen wenig am eigenen Produkt. Bereits mit der Gründung des VAN DYCK im Jahr 2010 war klar, dass wir das anders machen wollen. Uns geht es um richtig guten und leckeren Kaffee, ABER auch um biologischen Anbau und mindestens fairen Handel. Warum mindestens? Weil wir seit 2018 vermehrt auf Direct Trade setzen. Kaffeeproduzent:innen sollen von dem Produkt leben können und unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen produzieren können.
Was ist Direct Trade? – Die Zukunft des Kaffeehandels? Nimm Dir 10 Minuten Zeit!
5 Fakten zum Kaffeehandel:
- Kaffee gehört zu den wichtigsten Welthandelsgütern
- 25 Millionen Menschen weltweit sind direkt in Anbau, Handel und Weiterverarbeitung involviert
- Der Großteil des Handels findet an der Kaffeebörse (New York für Arabica, London für Robusta) statt
- 1,26 Millionen Tonnen Rohkaffee wurden in 2022 allein nach Deutschland importiert
- Bei den Anbauer:innen landen durchschnittlich gerade mal 5 bis 6% vom Verkaufspreis einer 500g Packung Kaffee, die in deutschen Supermärkten verkauft wird
Bei einem Produkt, das geographisch so weit von uns entfernt angebaut wird, ist es herausfordernd, einen Einblick in die Arbeits- und Produktionsbedingungen zu bekommen. Deshalb war früh klar: Fairtrade muss es sein! Ein zertifizierter Kaffee, der uns dabei hilft, soziale, ökologische und wirtschaftliche Standards zu fördern.
Was ist Fairtrade?
„Fairtrade“ ist mittlerweile zum geflügelten Wort geworden. Viele Menschen meinen damit Güte-Siegel, die für den Einhalt von Mindeststandards stehen. Wenn man es genau nimmt, ist der Begriff aber die Eigenbezeichnung der Fairtrade Labelling Organizations International (FLO). Es gibt viele unterschiedliche Siegel, deren Schwerpunkte und Ansprüche variieren. Die in Deutschland häufigsten Siegel sind Fairtrade, UTZ und Rainforest Alliance. Allgemeine Aussagen über alle Siegel zu treffen, ist schwierig, deshalb nehme ich das Fairtrade-Siegel als Beispiel.
Fairtrade hat den Anspruch entgegen eines Kreislaufs zu arbeiten, der die Produzierenden in prekären Arbeitssituationen und am Existenzminimum hält. Der Rohkaffee, der über die Kaffeebörsen gehandelt wird, ist teilweise starken Schwankungen ausgesetzt und kann den Produzierenden perspektivisch keine Sicherheiten geben. Außerdem ist der Börsenpreis oftmals so niedrig, dass kaum ein nennenswerter Gewinn für die Kaffeebauer:innen abfällt. Selbst wenn Kaffee an der Börse zeitweise überdurchschnittlich hoch gehandelt wird, gibt es keine Garantie dafür, wie lange ein solches Hoch anhält. Ende August 2022 lag der Rohkaffeepreis bei ungefähr 2,30€ pro Pfund. Das ist sehr hoch für Börsenverhältnisse und spiegelt die Entwicklung des bisherigen Jahres. Seit Ende Oktober 2022 sind die Preise aber wieder im freien Fall und liegen derzeit gerade mal bei 1,50€. Planungssicherheit? Fehlanzeige.
Produzent:innen, die mit dem Faitrade-Siegel ausgezeichnet werden, bekommen hingegen die Garantie, dass ein Mindestpreis nicht unterschritten werden darf – und, dass sich der Preis für ihre Ware nach oben anpasst, wenn der Börsenpreis (ausnahmsweise) über dem geregelten Fairtrade-Preis liegt.
Fairtrade-Standards:
- Stärkung der Kleinbauern und Kleinbäuerinnen (Verbot von Kinderarbeit, geregelte Arbeitsbedingungen, Diskriminierungsverbot)
- Umweltschutz (Verbot gefährlicher Pestizide, genmanipulierten Saatguts, Förderung von Bio-Anbau)
- Anforderungen an Hersteller:innen und Händler:innen (Bezahlung von Fairtrade-Mindestpreisen, Fairtrade-Prämien, transparente Handelsbeziehungen)
Hört sich doch gut an, oder? Fairtrade und andere Güte-Siegel haben viele Grundsteine dafür gelegt, um Handel neu zu denken und das ist hoch anzuerkennen. Aber das Prinzip „Güte-Siegel“ hat auch seine Tücken. Die Zertifizierung ist mit Kosten verbunden, die für die Produzierenden nicht unerheblich sind. Eine Zertifizierung kann also eine Investition sein, die sich nicht immer und für alle lohnt. Anbauer:innen können die Zertifizierung nutzen, um die minderwertigen Teile ihrer Ernte zum garantierten Fairtrade-Preis zu verkaufen und nutzen die besseren Bohnen, um höhere Gewinne zu erzielen, Fairtrade unabhängig. Das heißt: Fairtrade-Kaffee muss nicht einhergehen mit der besten Qualität des/der zertifizierten Produzent:in. Das Siegel berücksichtigt außerdem keine regionalen Unterschiede. Ein gesetzter Festpreis, der geographisch unabhängig gezahlt wird? Schwierig. Nicht überall sind die Produktions-, sowie Lebenshaltungskosten die gleichen, die Infrastruktur gut ausgebaut und die Wege an die Häfen nah. Im Zweifel bleibt also bei einigen Fairtrade-Bauern und Bäuerinnen oder den Kooperativen wenig übrig, wenn sie hohe Produktionskosten und lange Transportwege haben.
Alternative Direct Trade?
Mit unseren Partner:innen der ACPCU (Ankole Coffee Producers Co-operative Union Ltd) haben wir uns 2018 stärker dem Direct Trade zugewandt. Den erstklassigen Robusta sowie einen Natural Arabica beziehen wir seitdem zuverlässig aus Direct Trade von der ugandischen Kooperative ACPCU. Weitere Direct Trade Projekte folgten und mittlerweile macht direkt gehandelter Rohkaffee über 70% unseres gerösteten Kaffees aus.
Was sind also die Vorteile? Ein Schlagwort ist bereits gefallen: Zuverlässigkeit! Die Produzierenden können durch den Direct Trade besser planen und mit uns als Käufer:innen rechnen. Dadurch, dass der Handel nur zwischen Verkäufer:in und Abnehmer:in stattfindet, lassen sich die besten Preise für beide Seiten verhandeln und durch den Wegfall eines Importeurs landet der gesamte Gewinn bei den Kaffeeanbauer:innen. Das ermöglicht eine Reinvestition in bessere Anbauverhältnisse (u.a. Maschinen, bessere Bewirtschaftung der Böden durch bessere Dünger und Fachpersonal durch bessere Bezahlung) und schafft den Anreiz, mehr Aufmerksamkeit auf hochwertigeren Anbau zu legen. Denn wenn die Gewinne durch den Direct Trade stimmen, die Abnehmer:innen bessere Preise zahlen und auf langfristige Handelsbeziehungen setzen, ist ein qualitativ hochwertiger Anbau sehr viel attraktiver. Win-Win für alle Beteiligten. Ganz wichtig ist aber, neben der Reinvestition in den Kaffee, die Förderung von sozialen Projekten vor Ort. Und zwar solcher, die einen nachhaltigen und strukturellen Wandel wollen. Auch das ist nur dann möglich, wenn am Ende Geld übrig ist, das es zu reinvestieren gibt. Bei der ACPCU beispielsweise, wird u.a. die Förderung von jungen Mädchen forciert. Es soll ermöglicht werden, ihnen eine Schulausbildung zu bieten und damit das anhaltende System der Zwangsheirat zu durchbrechen. Oft ist es den Familien vor Ort nicht möglich, ihren Kindern eine Schulbildung zu finanzieren. Söhne werden im Zweifel gegenüber den Töchtern bevorzugt, die dann leider oft zwangsverheiratet werden. Das Wissen über solche (und viele weiteren Projekte) macht Direct Trade so lohnens- und fördernswert. Als Kaffeerösterei bekommt man viel mehr Einblick durch den direkten Austausch. Die Kooperativen sind nicht nur Namen und Zahlen in einer Auflistung. Und nicht nur wir freuen uns darüber, sehen zu können, was vor Ort passiert. Erst dieses Jahr waren unsere Ansprechpartner eines anderen großen Direct Trade Projekts bei uns in Köln. Alonso und Angel von der mexikanischen Kooperative Tzeltal Tzotzil S.C.L. konnten sich in unserer Rösterei ein Bild davon machen, was mit dem Rohkaffee passiert, den sie mit so viel Mühe und Leidenschaft anbauen.
Direct Trade Vorteile:
- Zuverlässige Handelsbeziehungen
- Keine Kosten aufseiten der Anbauer:innen für Siegel
- Einnahmen landen im Ganzen bei den Produzierenden bzw. der Kooperative
- Gezielter Ausbau von hochwertigem Kaffeeanbau
- Investition in soziale Projekte, mit nachhaltiger Wirkung vor Ort
Direct Trade birgt also viele Vorteile gegenüber dem intransparenten Handel an den Kaffeebörsen, aber auch im Vergleich zu verschiedenen Modellen von fairem Handel.
Der direkte Handel hängt nicht an zahlungspflichtigen Zertifikaten und bietet beiden Parteien eine relativ freie Verhandlungsbasis, auf welcher optimalerweise langfristige Handelsbeziehungen entstehen. Durch diese (relative) Unabhängigkeit von der Kaffeebörse oder festgelegten FLO-Preisen, haben die Produzierenden die Chance, möglichst viel an ihrem Produkt zu verdienen, während wir als Rösterei einen direkten Einblick darin bekommen, was mit den Profiten an Mehrwert geleistet werden kann. Das große Schlagwort hier ist also: Transparenz.
Direct Trade Risiken
Die relative Freiheit des Direct Trade birgt auch ihr größtes Risiko. Durch den Mangel einer Definition, was einen Direct Trade ausmacht, sind Tür und Tor offen, dieses Wording zu missbrauchen. Die Großproduzent:innen und großen Importeur:innen könnten sich also (mal wieder) auf den Errungenschaften und Bemühungen der Kleineren ausruhen – und sich am gehaltvoll aufgeladenen Wording bedienen, ohne die guten Absichten mittragen zu müssen oder zu wollen. Außerdem ist es auch nicht allen Röstereien ohne weiteres möglich, sich dem Direct Trade zuzuwenden. Denn direkt zu handeln, heißt auch, eine verbindliche Abnahme einer großen Menge an Rohkaffee zu garantieren, und den Rohkaffee zu importieren (in einen kleinen Container passen um die 250 Säcke á 60/69kg). Gerade für kleine Unternehmen, mögen sie noch so gute Absichten haben, ist das eine finanzielle und logistische Herausforderung, die es zu berücksichtigen gilt. Auch schwingt natürlich immer die Befürchtung mit, auf dem Kaffee „sitzen“ zu bleiben. Was, wenn sich eine Sorte nicht mehr gut verkauft, eine weltweite Pandemie ausbricht oder Krieg, politische Instabilität und Inflation für Verunsicherung sorgen? Szenarien, die uns allen nach den letzten paar Jahren gut bekannt sind.
Trotzdem: Auch wenn es gilt, sich mit diesem Thema sowie potenziellen Partner:innen gründlich auseinanderzusetzen, finden wir als Unternehmen: Direct Trade is the way to go! Es ist das fördernswerteste Handelsmodell, das wir derzeit für den Handel mit Rohkaffee haben.