Warum Ma(h)len nach Zahlen nicht funktioniert und was stattdessen beachtet werden sollte

Beginnt man mit Kaffee zu hantieren realisiert man eines schnell: Die Qualität eines Getränkes hängt voll und ganz von der Mahlung des Kaffees ab. Der beste Rohkaffee kann mit noch so viel Sorgfalt geröstet werden, wenn die Zubereitung scheitert (und meistens scheitert sie am Mahlgrad), wird die Tasse enttäuschend. Das gilt gleichermaßen für die Espresso- und Filterzubereitung. Bevor man also anfängt, die perfekte Latte Art zu erlernen oder sich an verschiedenen Brührezepten zu probieren, sollte man seine Mühle kennenlernen.

Woran sehe ich denn, ob es gut läuft?

Im Grunde ist es leicht zu erkennen, wenn der Kaffee falsch gemahlen wurde, denn:

Läuft das Wasser zu schnell durch das Kaffeemehl, ist der Mahlgrad zu grob. Die Aromen und Öle, die eine wohlschmeckende Tasse Kaffee ausmachen, werden in zu kurzer Zeit nicht zu lösen sein. Das Ergebnis: Das Getränk schmeckt lasch, wässrig und säuerlich. Nicht zu verwechseln mit einem ausgewogen fruchtigen Geschmack, der sich bei perfekter Extraktion ergibt. Das Wasser läuft zu schnell durch wenn die Extraktionszeit bei der Espressozubereitung unter 20 Sekunden liegt.  Bei der Filterzubereitung entspricht das unter 2:30 Minuten. In diesem Fall handelt es sich um eine Unterextraktion.

Läuft das Wasser zu langsam durch das Kaffeemehl oder bleibt es im schlimmsten Fall sogar stehen, dann ist der Mahlgrad zu fein. Es werden zu viele Bitterstoffe aus dem Kaffeemehl gelöst und das Getränk schmeckt bitter und unausgewogen. In diesem Fall spricht man von einer Überextraktion.

Aus diesem Problem heraus werden wir als Barista oftmals mit der Frage konfrontiert:

„Auf welcher Einstellung/Zahl soll ich den Kaffee denn mahlen?“

Oft ist es so, dass die Mühlen mit Zahlen versehen sind, die unterschiedliche Mahlgradstufen beschreiben. Wobei die kleinste Zahl in der Regel den feinsten Mahlgrad darstellt. Eine Einstellung auf höherer Zahl wirft gröberes Mahlgut aus. Leider gibt es keine einheitliche Skalierung unter den Herstellern von Kaffeemühlen. Zu viele Faktoren haben einen Einfluss darauf, welche Körnung man benötigt, so dass eine einheitliche Bezifferung von Mahlgraden nicht möglich ist. Es spielt u.a. eine Rolle, ob die Mühle ein Scheiben- oder ein Kegelmahlwerk hat. Wie groß das Mahlwerk ist, wie abgenutzt die Mahlscheiben sind und mit welcher Zubereitungsmethode man arbeitet. Weiterhin wie die Wasserbeschaffenheit ist, wie die Dichte der Kaffeebohnen ist, die man nutzt, und und und…

Kurz gesagt: Vergesst die Zahlen!

Woran kann man sich orientieren, wenn „Ma(h)len nach Zahlen“ nicht funktioniert?

Es gibt einige Faktoren, die man beachten kann, um den Schwund an falsch gemahlenen Kaffeebohnen möglichst gering zu halten.

Welche Zubereitung habe ich oder möchte ich nutzen?

Welche Körnung euer Kaffeemehl haben sollte, hängt zu 100 Prozent davon ab, mit welcher Methode ihr euren Kaffee zubereitet. Im Allgemeinen lässt sich folgende Unterteilung, von fein zu grob, vornehmen:

  • Mokka im Kupferkännchen (Achtung! Nicht mit der Herdkanne verwechseln)
  • Zubereitung mit der Siebträgermaschine
  • Herdkanne (dabei spielt es eine Rolle, ob es eine „klassische“ Variante oder eine mit Überdruckventil ist)
  • Aeropress, Handfilter, Chemex, French Press, Karlsbader Kanne (o. Ä.).Alle Zubereitungsmethoden, die einen Espresso oder ein espressoähnliches Getränk produzieren sollen, brauchen einen feineren Mahlgrad als alle Filtermethoden. Das liegt daran, dass die Zubereitung von Espresso in der Regel mit Druck funktioniert, während Filterkaffee mit einer Aufgussmethode zubereitet wird.

Was ist das Rezept?

Macht euch das Leben etwas leichter und erkundigt euch bei der Rösterei eures Vertrauens, welche „Regeln“ es bei der gewählten Zubereitungsart gibt und nehmt dies als Orientierungshilfe. Das Rezept könnt ihr anpassen, sobald ihr euch sicher in der Thematik fühlt.

Ein Beispiel zur Siebträgermaschine:

  • 16g Espressomehl mahlen und in den Siebträger füllen
  • Das Kaffeemehl mit ca. 10-15kg andrücken (tampen)
  • Siebträger einspannen und starten
  • Es sollten 20 bis 30 Sekunden vergehen und als Ergebnis sollten 60ml (oder 32-38g) Espresso, von einer Crema geziert, in eurer Tasse sein
  • Ist in der gewünschten Zeit zu wenig herausgekommen, muss etwas gröber gemahlen werden
  • Ist in der vorgegebenen Zeit zu viel Masse extrahiert worden, mahlt etwas feinerBleibt bei den gewählten Parametern und arbeitet nur mit dem Mahlgrad. Ändert ihr zu viele Parameter gleichzeitig, lässt sich nicht mehr nachvollziehen, was richtig oder falsch ist.

16g Input
10-15kg tampen
20-30Sekunden
60ml (oder 32-36g) Output
Mahlgrad als veränderbare Variable

Wie finde ich die Mühle, die zu meinen Bedürfnissen passt?

Das ist die vielleicht schwierigste Frage, denn das hängt komplett davon ab, was man bereit ist in die Hand zu nehmen. Und was im Gegenzug zu erwarten ist. Eine Mühle sollte immer in der Lage sein, die Ansprüche der jeweiligen Zubereitungsmethode zu erfüllen. So lässt sich eine Mühle für 70 Euro nicht in Kombination mit einer Siebträgermaschine für 1500 Euro nutzen. Dafür kann man aber schon für 100-150 Euro eine Mühle kaufen, die ein wirklich homogenes Kaffeemehl für verschiedene Filtermethoden oder die Zubereitung mit der Herdkanne hervorbringt. Soll die Mühle dazu aber noch diverse zusätzliche Funktionen erfüllen (Grind on Demand, Single Dose Grinder usw.), besonders leise oder sauber arbeiten, so kann auch hier der Preis wieder steigen.

Zu Beginn kann es etwas überfordernd sein, sich in der Masse verschiedener Hersteller und Modelle zurechtzufinden.

Hier ein paar Empfehlungen als Orientierungshilfe:

  • Für leistungsstärkere Siebträgermaschinen sind Mühlen der Marke Eureka beliebt. Darunter vor allem die verschiedenen Modelle der Serie Mignon. Alternativen finden sich in Modellen der Marken Baratza, Macap u.v.m.
  • Für Filterzubereitungen oder die Nutzung der Herdkanne lässt sich die Wilfa Svart Aroma empfehlen (die findet ihr auch in unserem Shop) oder auch die Baratza Encore.
  • Auch mit einem kleineren Budget muss man nicht auf frisch gemahlenen Kaffee verzichten. Es gibt sowohl elektrische Mühlen, wie auch Handmühlen, die bereits ab 50 Euro zu haben sind. So z. B. Wilfa Il Solito oder die Keramikmühle Porlex. Allerdings sollten keine zu hohen Erwartungen an die Leistungen dieser Geräte gestellt werden. Diese Mühlen können etwa keine Mahlung für die Siebträgermaschine hervorbringen.

Es ist wichtig zu wissen, für welche Methode die Mühle funktionieren soll und sich einen preislichen Rahmen zu setzen. Eine gute Vorstellung davon, was man braucht, hilft dabei, Enttäuschungen zu vermeiden. Man will ja den Spaß an der Zubereitung behalten und eine richtig gute Tasse Kaffee genießen!

Welche Mühle wird es?

Die verschiedenen Mahlgrade

Dieser Beitrag wurde verfasst von:
Albina Stamer – Rösterin im Van Dyck