Entkoffeinierter Kaffee – Geschichte und Methoden

Morgens in die Gänge kommen ohne Kaffee? Für mich unvorstellbar. Der Geruch, der Geschmack und nicht zuletzt die belebende und stimulierende Wirkung von Koffein helfen mir dabei, mich den Herausforderungen des vor mir liegenden Tages zu stellen.
Und auch wenn ich Mittags und Nachmittags mal einen Energie Push brauche: Klar Kaffee! Denn Koffein erhöht den Blutdruck, öffnet die Gefäße und steigert die Konzentration.

Aber was ist Koffein überhaupt?

C8H10N4O2 oder auch Koffein, ist ein Alkaloid (eine organische Verbindung), das in über 60 verschiedenen Pflanzen auftritt (z.B. Teestrauch, Guarana, Mate usw.). Am bekanntesten ist das Koffein aber durch seine stimulierende Wirkung in unser aller Lieblingsgetränk, dem Kaffee. Die Menge an enthaltenem Koffein pro Getränk schwankt enorm und hängt stark von der gewählten Zubereitungsmethode ab. Außerdem ist der Koffeingehalt sehr unterschiedlich je nach Kaffeesorte oder Varietät. Coffea Canephora zum Beispiel, hat fast doppelt so viel Koffein im Vergleich zur Coffea Arabica. Aber nicht jede Arabica Varietät hat den selben Koffeingehalt. Wie viel Koffein in der Bohne steckt hängt nicht zuletzt von der Anbauhöhe ab.

Was viele nicht wissen: Die Pflanze trägt Koffein in sich um sich gegen Schädlinge zu wehren. Als natürlicher Bitterstoff wirkt Koffein abschreckend gegen viele Fressfeinde. Da diese seltener auftreten, umso höher die Kaffeepflanze wächst, ist es nur logisch, dass die Pflanze somit weniger Koffein produziert. Coffea Canephora oder auch Robusta, eine Kaffeepflanze die vergleichsweise niedrig wächst, hat einen höheren Koffeingehalt. In Zahlen: im Arabica hat das Koffein ungefähr einen Anteil von 1,1-1,7% vom Gesamtgewicht, beim Robsuta liegt dieser bei ungefähr 2-4,5%.

Je nach Zubereitungsart lässt sich aus dem selben Röstkaffee aber unterschiedlich viel Koffein lösen. Es gilt die Faustregel: Umso länger Wasser auf das Kaffeemehl wirkt, desto mehr Koffein wird extrahiert. Somit hat ein Espresso trotz seines intensiven, kickenden, Geschmacks weniger Koffein als ein Filterkaffee. Der wiederum steht koffeintechnisch weit hinter einem Coldbrew. Dieser gehört zu den koffeinreichsten Getränken. Bedingt durch die lange Zeit (12-16 Stunden), in der das Kaffeemehl in Wasser „eingelegt“ wird.
Meine Toleranz für Koffein ist berufsbedingt recht hoch, aber nicht jeder kann endlos viel Kaffee trinken ohne irgendwann einen negativen Effekt zu spüren. Und bei einigen ist vielleicht auch schon nach der ersten oder zweiten Tasse Schluss. Aber deshalb auf den Geschmack und das Gefühl verzichten?

Freie Alternativen

Entkoffeinierter Kaffee wird gerne schlecht geredet. So heißt es dann „Death before Decaf“. Diese Einstellung entstand unter anderem daraus, dass entkoffeinierter Kaffee als minderwertig im Geschmack eingeordnet wird. Um die 400 chemischen Bestandteile stecken in der kleinen Bohne und sorgen für köstliche aromatische Kompositionen. Je nach Entkoffeinierungsverfahren können einige Bestandteile zusammen mit dem Koffein verloren gehen, was einen unerwünschten Effekt auf den Geschmack haben kann.

Noch größer ist aber die Sorge um das Verfahren an sich. Nicht selten werden oder wurden Kaffees mit richtigen Chemiekeulen behandelt, um das Koffein aus der Bohne heraus zu lösen. Worte wie Benzol oder Dichlormethan, machen einem nicht gerade Lust auf mehr. Kein Wunder also, dass viele dem Thema ‚Decaf‘ mit Skepsis begegnen.

Aber nicht jeder Decaf gleicht dem Anderen. Mittlerweile sind die Verfahren fortgeschritten und es werden möglichst wenige Bestandteile der aromatischen Verbindungen aus der Bohne gelöst, abgesehen vom Koffein. Bevor wir aber in die Gegenwart schauen, ein Blick zurück und die Frage: Und wer hat’s erfunden?

Da koffeinfreier Kaffee keinesfalls ein Naturprodukt ist, muss jemand auf die Idee gekommen sein, diesen natürlichen Bestandteil aus der Bohne zu lösen. Dieser jemand war Ludwig Gerhard Wilhelm Roselius. Unternehmer, Kaffeehändler und Gründer der Bremer Firma Kaffee Hag. Die Idee dazu entstand aus einem eher tragischen Anlass. Sein Vater verstarb plötzlich und ohne offensichtlichen Grund. Die Ärzte vermuteten, dass es an dem enorm hohen Kaffeekonsum und somit an einer Koffeinvergiftung liegen könnte. Heute würde man bei diesem Befund wohl eher eine zweite Meinung einholen. Aber Ende des 19. Jahrhunderts schien das so viel Sinn zu ergeben, dass Roselius daraufhin seine Forschungen aufnahm, um eine Methode zu entwickeln, die es ermöglicht Koffein aus der Bohne zu entfernen. 1903 war er dann soweit und lies das erste Verfahren zum Entkoffeinieren patentieren. Bei dem sogenannten Roselius Verfahren wurde der Rohkaffee zunächst in Salzwasser aufgeweicht um dann, unter Einsatz von Benzol, das Koffein aus der Bohne zu lösen. Roselius wusste zu diesem Zeitpunkt aber nicht, dass sein Versuch einen „gesünderen“ Kaffee zu schaffen nach hinten los gegangen war, da Benzol hochgradig krebserregend ist. Somit wird dieses Verfahren nicht mehr durchgeführt. Der Gedanke, koffeinfreien Kaffee zu produzieren, ist aber hängen geblieben.

Und wie läuft das heutzutage ab?

Mittlerweile gibt es verschiedene Methoden, um den wach-machenden Wirkstoff aus der Bohne zu bekommen. Da wir im Van Dyck ausschließlich mit Bio- zertifizierten Kaffees arbeiten, kaufen wir nur koffeinfreien Rohkaffee, der entweder über die sogenannte Co2 Methode oder den Swiss Water Prozess entkoffeiniert wurde.

1. Co2 Methode:
Bei dieser Methode greift man zu Kohlenstoffdioxid. Der Rohkaffee wird zunächst (ähnlich wie im Roselius Verfahren) aufgeweicht. Das passiert indem er mit Wasserdampf behandelt wird. Danach kommt das Co2 zum Einsatz. Unter Druck lässt man ihn auf den Rohkaffee wirken. Das Koffein kann dadurch in flüssiger Form aus der Bohne extrahiert werden. Dieser Prozess muss mehrmals wiederholt werden, um auf den Wert von 0,08% zu kommen. Erst dann gilt der Rohkaffee als entkoffeiniert. Anschließend wird der Rohkaffee schonend getrocknet, um ihn auf seinen ursprünglichen Feuchtigkeitsgehalt zu bringen.

Diese Prozedur ist ziemlich aufwendig, was sich im Preis des Rohkaffees widerspiegelt. Außerdem verändert sich teilweise die Struktur der Bohne, wodurch es eine sehr sanfte Herangehensweise im Röstprozess braucht, wenn der Kaffee nicht ölig werden soll. Nichtsdestotrotz gehört dieses Verfahren zu den schonenden Herangehensweisen, bei denen möglichst wenig Einfluss auf die Bestandteile des Kaffees genommen wird, die wir für ein schönes Aroma benötigen.

Das Koffein kann übrigens nach seiner Extraktion gewonnen werden, indem man das Co2 verdampfen lässt. Übrig bleibt das reine Koffein, das kondensiert und verkauft oder verarbeitet werden kann. Für die Hersteller also eine Win-Win Situation.

2. Swiss Water Process:
Dieses Verfahren setzt auf sein ganz speziell angereichertes Wasser, das sogenannte GCE (Green Coffee Extract). Dieses Wasser besteht aus allen löslichen Feststoffen, die im Rohkaffee enthalten sind, bis auf das Koffein. Dieses GCE wird einmal hergestellt und dann immer wieder genutzt. Zur Herstellung braucht es allerdings eine Charge an Rohkaffee, die danach nicht genutzt werden kann. Diese Charge wird mit Wasser aufgeweicht und alle löslichen Stoffe gehen ins Wasser über, auch das Koffein. Der grüne Kaffee wird entsorgt, aber das GCE wird behalten. Dieses Extrakt wird mit einem Aktivkohlefilter behandelt, was das Koffein auflöst und übrig bleibt eine Mischung, die angereichert ist mit allem was das aromatische Potenzial des Rohkaffees ausmacht. Alle Rohkaffees die für den Verkauf als koffeinfreie Ware gedacht sind, werden also mit diesem GCE behandelt. Der Rohkaffee wird mit dem GCE eingeweicht, so dass das Koffein in das Extrakt übergeht. Das wird wiederholt bis die benötigte Menge an Koffein extrahiert ist. Dadurch, dass sich aber die anderen löslichen Stoffe im Wasser befinden, soll der Kaffee nicht an Geschmack verlieren. Ist der Rohkaffee entkoffeiniert, wird er schonend getrocknet und verkauft, während das GCE erneut vom gelösten Koffein befreit wird und beim nächsten Rohkaffee zu Einsatz kommt.

Bei dieser Variante kann das Koffein allerdings nicht gewonnen werden, sondern geht während der Reinigung mit dem Aktivkohlefilter verloren.

Es muss nicht die volle Dröhnung sein

Beide Vorgehensweisen sind darauf ausgelegt das aromatische Potenzial des Kaffees zu erhalten. Denn die charakteristischen Noten des jeweiligen Anbaugebiets sollen auch bei einem entkoffeinierten Kaffee zum Tragen kommen. Sind Kaffees so behandelt, dass sie einer Bio-Zertifizierung standhalten, dann ist der Genuss völlig unbedenklich. Das findet ihr am Besten heraus wenn ihr euch einfach traut und ausprobiert. In unserem Sortiment findet ihr unseren „Libero“ sowohl als Espresso- , als auch als Filterröstung. Und wir finden dass er ganz besonders gut schmeckt! Der Name ist nicht zufällig gewählt. Unser „Libero“ steht für Freiheit. Er ist frei von Koffein und ihr seid frei darin, leckeren Kaffee zu genießen, auch wenn ihr grade keine volle Dröhnung vertragt. Für uns ist eins wichtig, egal ob mit Koffein oder ohne: Hauptsache Kaffee schmeckt!

Unser Koffeinfreier LIBERO

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Dieser Beitrag wurde verfasst von:
Albina Stamer – Rösterin im Van Dyck