Kaffeeaufbereitung – alles über Naturals, washed oder semi-washed Kaffees und die geschmacklichen Unterschiede

Ein unterschätzter Geschmacksfaktor?

Kaffee kann so unterschiedlich schmecken. Und als Kaffeeliebhaber:in kann man genau da Einfluss nehmen. Der Mahlgrad, die Brühzeit, die Zubereitungsweise und vieles mehr, sind Stellschrauben, an denen man drehen kann, um einen besonders facettenreichen Kaffee genießen zu können. Neben der Zubereitung ist natürlich der Röstprozess ein essenzielles Vorgehen, dass die Weichen für den Geschmack stellt. Hier setzt sich der/die Röster:in mit verschiedenen Röstprozessen und Herangehensweisen auseinander und kann das Potenzial des jeweiligen Rohkaffees ausschöpfen.

Soweit gehen die meisten Kaffeetrinker:innen mit und wissen, dass sowohl Röstung als auch Zubereitung eine wichtige Rolle spielen. Was aber Vielen gar nicht bewusst ist: Bereits im Ursprungsland wird ein ganz wichtiger Arbeitsprozess durchgeführt, der den Grundstein für alle weiteren Verfahren legt, nämlich: die Aufbereitung!

Was mit Aufbereitung gemeint ist, welche unterschiedlichen Verfahren der Aufbereitung es gibt und welchen Einfluss das auf den Geschmack hat, möchte ich mir mit Euch im Folgenden anschauen. Sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen ist nicht nur spannend, sondern hilft Euch dabei den passenden Kaffee für euren Geschmack zu finden.

Was ist unter „Aufbereitung“ zu verstehen?

Mit „Aufbereitung“ sind beim Kaffee verschiedene Prozesse gemeint, die sich alle damit auseinandersetzen, wie man Fruchtfleisch und Kaffeebohne von einander trennen kann. Im Groben unterscheidet man zwischen nasser und trockener Aufbereitung.

Welche Aufbereitungsmethoden gibt es?

Trockene Aufbereitung (natural):
Die trockene Aufbereitung ist die ursprünglichste Herangehensweise, wenn es darum geht an die Kerne der Kaffeekirsche zu kommen. Hierfür wird in erster Linie eine Gut-Wetter-Garantie benötigt (eine nicht all zu hohe Luftfeuchtigkeit hilft aber auch), weswegen diese Methode besonders beliebt ist unter den Kaffeebauern und Kaffeebäuerinnen, denen es entweder an technischen Möglichkeiten für eine nasse Aufbereitung mangelt oder die keinen ausreichenden Zugang zu einer stabilen Wasserversorgung haben. Bei der trockenen Aufbereitung werden die geernteten Kirschen schlicht und „einfach“ in die Sonne gelegt und regelmäßig gewendet. Um die Kirschen in die Sonne zu legen, braucht es entweder einen Betonboden oder erhöhte Tische, deren Auflagefläche aus gespannten Netzen besteht.  Die Kirschen werden auf diese Weise über einen Zeitraum von bis zu fünf Wochen getrocknet und können besonders viel Süße der fermentierenden Kaffeekirsche aufnehmen. Sobald das Fruchtfleisch komplett ausgetrocknet ist, lassen sich die Reste (oftmals mechanisch) abbürsten, so dass man an die freiliegenden Bohnen kommt.

Nasse Aufbereitung (washed):
Bei der nassen Aufbereitung geht es darum das Fruchtfleisch und die Kerne der Kaffeekirsche (die wir fälschlicherweise als Bohnen bezeichnen) möglichst früh nach der Ernte von einander zu trennen. In der Regel soll der Prozess spätestens fünf Stunden nach der Ernte beginnen, um zu vermeiden, dass in der Zwischenzeit Gärungsprozesse einsetzen. Oftmals werden die Kaffeekirschen zunächst in Quelltanks gelegt, wo das Fruchtfleisch anfängt aufzuweichen und man reife und unreife Früchte trennen kann. Die unreifen Früchte erkennt man daran, dass sie an der Wasseroberfläche bleiben, während die reifen Früchte absinken.

Sidenote: Dieser Schritt hilft sehr um einen erhöhten Qualitätsstandard zu sichern, da die Sortierung von hochwertigen und minderwertigen Bohnen und Kirschen für jede Rösterei mit Anspruch entscheidend ist.

Als nächstes geht es darum das aufgeweichte Fruchtfleisch von den Kernen zu trennen. Dafür werden die Kirschen in einen sogenannten Entpulper (Pulp ist die Bezeichnung für das Fruchtfleisch der Kaffeekirsche) gegeben. Der Entpulper quetscht das Fruchtfleisch ab, während die Bohnen (geschützt von der sogenannten Pektinschicht) möglichst unversehrt bleiben.

Um dann auch die letzten Reste des Fruchtfleisches, sowie die Pektinschicht zu entfernen, werden die Bohnen einem Gärungsprozess ausgesetzt, bei dem sich die letzten Reste durch die kontrollierte Fermentation lösen, bevor die Kaffeebohnen ein letztes Mal gewaschen werden. Anschließend werden sie auf eine Restfeuchtigkeit von ca. 12 % runter getrocknet. Im Detail kann es Unterschiede in der Vorgehensweise geben, die nicht zuletzt davon abhängen, wie hoch der technische Standard des/der einzelnen Bauern/Bäuerin oder der jeweiligen Kooperative ist.

Im Bereich der Aufbereitungsmethoden wird viel experimentiert. So gibt es neben den Washed und Naturals noch diverse andere Methoden. Ohne zu sehr ins Details zugehen, sollten erwähnt sein:

Semi washed: Das Fruchtfleisch quellt (wie bei der nassen Aufbereitung) durch waschen auf und wird durch den Entpulper entfernt. Die letzte klebrige Schicht (Pektinschicht) wird aber dran gelassen und mit der Bohne getrocknet.

Anaerobe Aufbereitung: Die Neueste unter den Aufbereitungsmethoden ist die Aufbereitung unter Ausschluss von Sauerstoff, auch Anaerobe Fermentation genannt.

Hierfür werden die Kaffeekirschen in Container gelegt und der Sauerstoff entzogen. Es gibt viele verschiedene Parameter, auf die die Produzent:innen wirken können und wodurch sich das geschmackliche Ergebnis steuern lässt. Dazu gehören, Dauer, Temperatur und Druck. Diese Herangehensweise ist also alles andere als standardisiert und eine große Spielwiese für alle Experimentierfreudigen.

Welchen Einfluss hat das alles auf den Geschmack?

Die Art der Aufbereitung ist nicht zu unterschätzen wenn es um den letztendlichen Geschmack des gebrühten Kaffees geht. Die große Rolle spielt hier der Zucker im Fruchtfleisch. Umso länger die Kaffeebohnen in Kontakt bleiben mit der Pulp, desto mehr Fruchtzucker können sie aufnehmen.

Bei der trockenen Aufbereitung wird also das Maximum an Süße aus dem Fruchtfleisch auf die Bohne übertragen. Neben der Süße kriegen die Kaffeebohnen auch sehr prägnante Fermentationsnoten im Aroma. Das macht Naturals sehr besonders im Geschmack und ist für Viele ein neues Erlebnis. Und das, obwohl die trockene Aufbereitung die älteste Methode ist? Ja, denn es braucht eine schonende Röstung, bei der die Süße und Fermentationsnoten herausgestellt werden können. Zu dunkel oder heiß geröstet, bleibt wenig von diesem sehr besonderen Charakter der Naturals übrig. Mit viel Sorgfalt geröstet sind sie aber besonders süß und eher breit im Geschmack.

Gewaschene Kaffees glänzen hingegen eher mit klaren, (oftmals) säurebetonten Geschmacksprofilen. Beim Rösten lassen sich spannende Kompositionen herausarbeiten, bei denen sich fruchtige Säuren, Süße und Körper die Balance halten sollen. Oft sind gewaschene Kaffees teurer und etwas besser sortiert. Was sich durch den aufwendigen und nicht grade günstigen Einsatz von Wasser ergibt. Gibt man sich der Aufgabe hin das beste aus gewaschenen Kaffeebohnen herauszuholen, wird man oftmals durch einen facettenreichen und spritzigen Geschmack belohnt.

Natürlich findet Ihr diesen schönen Gegensatz von Washed und Naturals auch in unserem Van Dyck Sortiment vertreten. Besonders zu nennen sind hier unsere Blends, wo wir beide Aufbereitungsmethoden aufeinander treffen lassen. Die Bohnen werden separat geröstet, damit wir den Bedürfnissen der jeweiligen Sorte gerecht werden können und anschließend gemischt. Von dem geschmackliche Ergebnis könnt ihr Euch bei unserer Espressoröstung Blackbird und unserer Omniröstung Champagne Supernova (eine Röstung die sowohl für die Espressozubereitung, als auch Filterzubereitung eignet) überzeugen.

Beim Blackbird treffen die süßen und breiten Noten unseres natural Arabica aus Uganda auf die würzig-fruchtigen Aromen des washed Arabica aus Äthiopien. Geschmacklich: Ausgeprägte Süße, die an Karamell erinnert und fruchtig, spritzige Säuren mit Noten von grünem Apfel.

Der Champagne Supernova kann als Omniroast in ganz viele verschiedene Richtungen gehen, je nachdem ob er als Espresso oder Filterkaffee zubereitet wird. Die Mischung besteht aus washed Arabica aus Guatemala und natural aufbereiteten Arabica aus Uganda. Im Filterkaffee dominiert der breite Körper, der sich durch den Natural ergibt, der an Kakaobohne erinnert und als Espresso setzen sich die feinen Säuren und nussigen Noten des gewaschenen Arabica durch. Die Süße des Natural komplementiert aber auch hier den Geschmack.

Für all diejenigen, die das Thema Fermentation und Süße reizt und die einen puren Natural probieren möchten, sollten sich nicht scheuen zu unserer Filterröstung Ankole Sweet zu greifen. Schon im Geruch hat diese Röstung dominante Noten von (über)reifen Früchten und beeindruckt durch Breite und Süße in der Tasse.

Sowohl für Diejenigen, die eine für sich klare Vorstellung davon haben was sie in ihrem Kaffee suchen, als auch für alle Neugierigen, lohnt es sich nach der Aufbereitung der Kaffees zu fragen. Das Wissen um die Aufbereitung und die damit einhergehenden Betonungen im Geschmack erleichtern die Entscheidung beim Griff in das Kaffeeregal enorm.

Ob natural, washed, semi-washed oder anerob, dieses Feld ist stark im Wandel und die Produzierenden experimentieren mit immer neuen Methoden. Für alle Kaffeeliebhaber:innen bleibt es also spannend!

Bildmaterial © DeLaSelva / Michael Metz

Dieser Beitrag wurde verfasst von:
Albina Stamer – Rösterin im Van Dyck